Startseite Einkommensteuer Block A Die Sonderausgaben – Ein Sammelbecken für politische und verfassungsrechtliche Ausgestaltung?

Die Sonderausgaben – Ein Sammelbecken für politische und verfassungsrechtliche Ausgestaltung?

von StB Eric Preusche LL.B.
Wo stehen wir eigentlich?

Im Einkommensteuerrecht müssen wir uns immer wieder klar machen an welcher Stelle wir gerade stehen.

Zuerst werden die Einkünfte an sich ermittelt. Je nachdem, um welche Einkünfte (Gewerbebetrieb, nichtselbstständige Arbeit,…) es sich handelt, ziehen wir bereits Betriebsausgaben oder Werbungskosten ab.

Nachdem wir im nächsten Schritt verschiedene Freibeträge, wie den Freibetrag für Alleinerziehende, abgezogen haben (§2 Absatz 3 EStG), folgen dann laut Gesetz die Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen (§ 2 Absatz 4 EStG).

Und wenn du dich nicht schon bei deiner letzten Steuererklärung gefragt hast, was Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen denn sind, dann stellt sich die Frage jetzt.

Was ist eine Sonderausgabe?

Sonderausgaben sind ein Sammelsurium an besonderen Ausgaben, die sich aus politischen, verfassungsrechtlichen und gesellschaftlichen Gründen auf die Einkommensteuer auswirken sollen.

Man hat hier alles reingepackt, was sich aus irgendwelchen Gründen steuerbegünstigend auswirken soll und nirgends anders reinpasst. Quasi die Restmülltonne der Einkommensteuer. Hier ist alles drin. Von der Krankenversicherung bis zu Unterhaltszahlungen an den geschiedenen Ehegatten.

Du findest die Regelungen dazu in den §§ 10 – 10c EStG.

Aber verschaffen wir uns erst einmal eine Übersicht über den Kernteil: § 10 EStG.

§ 10 EStG aus der Vogelerspektive

Der § 10 EStG ist auf den ersten Blick ein unübersichtliches Monster. Zig Aufzählungen und mehrere Absätzen, von denen man nicht so richtig weiß, wie sie eigentlich zusammenhängen.

Tatsächlich kann man aber eine Struktur im § 10 EStG erkennen.

Der Paragraph besteht aus insgesamt 10 Absätzen. Absatz 6 ist zwar ziffernmäßig der höchste, aber es wurden mehrmals nachträglich Zusatzabsätze eingefügt, die du an einem Kleinbuchstaben hinter der Absatzziffer erkennst.

Die Absätze 1 und 1a zählen zunächst einmal dem Grunde nach auf, welche Aufwendungen überhaupt als Sonderausgabe erfasst werden sollen.

Direkt im Anschluss werden in den Absätzen 2 und 2a Voraussetzungen für den grundsätzlichen Abzug der aufgezählten Sonderausgaben genannt. Nur wenn die Voraussetzungen erfüllt werden, dürfen die Sonderausgaben der Absätze 1 und 1a berücksichtigt werden.

Die Absätze 3, 4 und 4a begrenzen den Abzug der Ausgaben dann der Höhe nach. Hier wird festgelegt für welche Sonderausgaben eine Obergrenze besteht und wie sich diese berechnet.

Die restlichen Absätze enthalten Sonderregelungen für besondere Situationen wie Erstattungen und Prämien im Zusammenhang mit Sonderausgaben und verfahrensrechtliche Vorschriften für Altverträge, die zu Sonderausgaben führen.

Wichtig ist, dass du dir die Gliederung des § 10 EStG klarmachst. So weißt du dann genau, in welchen Absatz du unter Umständen für die rechtliche Prüfung noch reinschauen musst.

§ 10 Absatz 1 EStG unter der Lupe

Schauen wir uns den Absatz 1 genau an und finden heraus, was alles Sonderausgaben sein können.

Gleich zu Beginn des § 10 Absatz 1 EStG wird klargestellt, dass Aufwendungen nur Sonderausgaben sein können, wenn sie keine Werbungskosten oder Betriebsausgaben sind.

Werbungskosten und Betriebsausgaben gehen also immer vor.

Was dann folgt, ist eine Aufzählung von verschiedensten möglichen Ausgaben. Es handelt sich dabei um eine enumerative Auszählung. Das bedeutet die Aufzählung ist abschließend. Ausgaben, die nicht unter eine Nummer der Absatze 1 und 1a passen, sind nicht als Sonderausgabe abzugsfähig. Im Gegensatz dazu stehen zum Beispiel die außergewöhnlichen Belastungen (agB) nach § 33 EStG. Für die agB findest du dort eine offenere allgemeinere Regelung. Wenn eine Ausgabe unter die Norm subsumiert werden kann, ist sie als agB abzugsfähig. Da darf man also etwas kreativer sein. Aber dazu später mehr.

Die Einordnung als Werbungskosten oder Betriebsausgaben geht also vor und unsere Aufwendungen müssen unter eine Nummer der Absätze 1 und 1a passen.

Was steht denn da nun alles drin?

Sonderausgaben sind dem Grunde nach:
  • Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung (Absatz 1 Nr. 2 a)),

  • Beiträge zur kapitalgedeckten Altersversorgung (Absatz 1 Nr. 2 b)),

  • Beiträge zur Berufsunfähigkeitsversicherung (Absatz 1 Nr. 2 b)),

  • Beiträge für eine Erwerbsminderungsrente oder eine Hinterbliebenenrente (Absatz 1 Nr. 2 b)),

  • Krankenversicherungsbeiträge, egal ob man gesetzlich oder privat versichert ist. Davon sind die Beiträge betroffen, die direkt vom Arbeitslohn weggehen (Absatz 1 Nr. 3 a)),

  • Pflegeversicherungsbeiträge, passend zu den Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung (Absatz 1 Nr. 3 b)),

  • Zusätzliche Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge, für Versicherungen, die man unabhängig von der gesetzlichen Verpflichtung abgeschlossen hat (Absatz 1 Nr. 3a)),

  • gezahlte Kirchensteuer, außer Kirchensteuer auf Kapitalerträge (Absatz 1 Nr. 4),

  • Betreuungskosten von eigenen Kindern, die im eigenen Haushalt wohnen, bis sie 14 Jahre alt sind und unter Umständen auch von Kindern mit Behinderung, sollten sie älter sein (Absatz 1 Nr. 5),

  • Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung bis 6.000€ im Jahr (Absatz 1 Nr. 7),

  • 30% des Schulgeldes bis 5.000€, wenn man sein Kind z.B. auf eine Privatschule schickt (Absatz 1 Nr. 9),

  • Unterhaltsleistungen an den geschiedenen Ehegatten unter besonderen Umständen (Absatz 1a Nr. 1),

  • Versorgungsleistungen, zu denen man verpflichtet ist, weil man einen Betrieb oder GmbH-Anteil übernommen hat (Absatz 1a Nr. 2) und

  • unter Umständen Ausgleichszahlungen, die durch den Versorgungsausgleich bei der Scheidung einer Ehe entstanden sind (Absatz 1a Nr. 3 und 4).

Extra Regelungen für den Abzug von Spenden und zur Riesterrente gibt es dann noch in den §§ 10a und 10b EStG.

Du siehst, die Sonderausgaben sind wirklich ein Sammelbecken von verschiedensten Aufwendungen. Manche sollen die Steuer mindern, um Gerechtigkeit (zumindest etwas) herzustellen, andere ergeben sich direkt aus unserer Verfassung und dem Sozialstaatsprinzip und wieder andere sind Ausfluss reiner Politik und der Interessensvertretung einzelner Teile unserer Gesellschaft.

Alle Sonderausgaben haben aber die Gemeinsamkeit, dass sie grundsätzlich nur abzugsfähig sind, wenn der Steuerpflichtige sie selbst schuldet und auch geleistet hat (oder wenn das zumindest für den eigenen Ehegatte bei der Zusammenveranlagung gilt).

Sonderausgaben müssen aufgrund des Zufluss- / Abflussprinzips nach § 11 Absatz 2 EStG in dem Jahr berücksichtigt werden, in dem sie auch geleistet wurden.

Soviel zunächst für einen ersten groben Überblick.

Im Block B schauen wir uns die einzelnen Sonderausgaben, ihre Voraussetzungen und die Berechnung im Detail an.

–> Weiter gehts mit den außergewöhnlichen Belastungen.

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