§35 EStG: die Steuerermäßigung für die Gewerbesteuer
Was auch noch oft eine große Rolle spielt, ist die Gewerbesteuer. Vielleicht ist dir schon aufgefallen, dass die Belastung mit der Gewerbesteuer bei Gewerbetreibenden grundsätzlich eine recht unfaire Mehrbelastung darstellt. Schließlich zahlen Selbständige keine Gewerbesteuer. Damit sind natürlich Selbständige im Sinne des EStG gemeint. Also zum Beispiel die freien Berufe wie Ärzte, Rechtsanwälte oder Steuerberater. Und auch alles andere, was unter § 18 EStG fällt. Genauso sind auch die restlichen Einkunftsarten nicht gewerbesteuerbelastet.
Unser Grundgesetz hingegen stellt klar, dass vor dem Gesetz alle gleich sind (Artikel 3 Grundgesetz). Man sagt hier oft: Gleiches soll gleich behandelt werden. Ungleiches soll ungleich behandelt werden.
Gewerbetreibende hier durch eine zusätzliche Ertragsteuer nochmal zu belasten und Freiberufler und die restlichen Einkunftsarten freizustellen ist natürlich nicht im Sinne des Grundgesetzes.
Um diese Diskrepanz abzumildern, wurde § 35 EStG geschaffen.
§ 35 EStG gibt vor, dass für Einkünfte aus Gewerbebetrieb die Einkommensteuer um den Betrag der Gewerbesteuer gemindert wird. Allerdings wird nicht einfach der Betrag der entstandenen Gewerbesteuer abgezogen, sondern man nimmt den Gewerbesteuer-Messbetrag als Grundlage und multipliziert ihn mit 3,8.
Kurzüberblick: Wie wird die Gewerbesteuer berechnet?
Die Höhe der Gewerbesteuer ist nämlich abhängig von der Gemeinde, in der das Gewerbe betrieben wird. Als Grundlage zur Gewerbesteuerberechnung wird der Gewinn nach dem Einkommensteuergesetz herangezogen. Dieser Gewinn wird dann um verschiedene Beträge bereinigt (§§7 – 9 GewStG). So möchte man erreichen, dass die wahre Ertragskraft des Unternehmens bestimmt wird. Durch diese Hinzu- und Abrechnungen erhält man dann den Gewerbeertrag (§ 10 GewStG). Dieser Gewerbeertrag wird auf volle 100 Euro abgerundet und je nach Rechtsform um den Gewerbesteuerfreibetrag von 24.500 € gekürzt. Wenn davon etwas übrigbleibt, sind 3,5% davon der sogenannte Steuermessbetrag (§ 11 GewStG).
Dieser Gewerbesteuer-Messbetrag wird vom Finanzamt festgestellt. Für die Feststellung gibt es dann auch einen Bescheid. Die Gemeinde, in der das Unternehmen sitzt, darf dann daraus die Gewerbesteuer ermittelt. Das macht sie, indem sie ihren Hebesatz mit dem Steuermessbetrag multipliziert. Den Hebesatz kann jede Gemeinde selbst bestimmen. Das können zum Beispiel 400% sein oder auch 300% oder 600%. Manche Gemeinden versuchen über einen besonders hohen Hebesatz ihre maroden Haushalt zu sanieren, andere betreiben mit einem besonders niedrigen Hebesatz aktive Politik und versuchen Unternehmen anzuziehen.
§35 EStG: Höchstbeträge und Berechnungen
§35 EStG lässt nun aber nur eine 3,8 fache Anrechnung des Messbetrags zu. Also entsprechend einem Hebesatz von 380%. Auf die tatsächlich gezahlte Gewerbesteuer kommt es nur teilweise an. Die kann je nach tatsächlichen Hebesatz höher oder niedriger sein. Ist die tatsächliche Steuer niedriger, kann nur der tatsächlich bezahlte Gewerbesteuerbetrag abgezogen werden, ist sie höher ist maximal der Abzugsbetrag nach §35 EStG abziehbar.
Zudem wurde in §35 EStG auch noch ein Höchstbetrag eingeführt. Schließlich könnte es sein, das ein Steuerpflichtiger mehrere Unternehmen betreibt, die jeweils gewerbesteuerpflichtig sind und zu unterschiedlichen Gewerbesteuerbeträgen führen.
Für die Berechnung des Höchstbetrags wird die Summe aller positiven gewerblichen Einkünfte durch die Summe aller positiven Einkünfte geteilt und mit der geminderten tariflichen Steuer multipliziert (§35 Absatz 1 Satz 2 EStG). Du siehst: Hier wird explizit nur von den positiven Einkünften gesprochen. Der Rest fällt unter den Tisch.
Im Erlass des Bundesministeriums für Finanzen vom 24.02.2009 finden wir auch ein schönes Beispiel dazu.
Der ledige Steuerpflichtige A erzielt folgende Einkünfte:
§15 EStG Gewerbebetrieb 1: -150.000€
§15 EStG Gewerbebetrieb 2: 120.000€
§17 (nicht gewerblich iSd § 35 EStG): 30.000€
§21 EStG Grundstück 1: -100.000€
§21 EStG Grundstück 2: 200.000€
Summe der Einkünfte: 100.000€
Berechnung des Ermäßigungsbetrags:
120.000€ / 350.000€ x geminderte tarifliche Steuer
Von der geminderten Steuer wird gesprochen, weil § 35 Absatz 1 die Anrechnung ausländischer Steuern nach § 34c EStG und §12 AStG zulässt. Im Fall des gewöhnlichen Unternehmens ohne Auslandsbezug ist das nichts, was uns beschäftigen sollte.
§35 EStG gilt auch für Anteile an Mitunternehmerschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien. Im ersten Fall wird nur der anteilige Gewerbesteuermessbetrag entsprechend der Gewinnverteilungsquote der Gesellschaften berücksichtigt. Die Sonderregeln dazu findest du im Detail in § 35 Absatz 2 bis 4 EStG.
Sollte Dich diese Steuerermäßigung für Gewerbesteuer betreffen, kannst du Dich normalerweise entspannen. Die Berechnung läuft maschinell bei der Veranlagung der Einkommensteuererklärung ab und wird automatisch eingepflegt, wenn du Einkünfte aus Gewerbebetrieb erklärst.
Anders sieht es natürlich bei den Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen und haushaltsnahe Dienstleistungen aus. Hier muss man einen Antrag stellen. Der Antrag wird gestellt, indem du die Aufwendungen in der Steuererklärung in den entsprechenden Felder angibst.
Soweit so gut, weiter gehts mit der Einführung in die sieben Einkunftsarten. –> Die 7 Einkunftsarten – Überschuss, Gewinn und die zeitliche Zuordnung