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Gewerbliche Einkünfte – § 15 EStG unter der Lupe

von StB Eric Preusche LL.B.
All-in-Gin als Beispiel für gewerbliche Einkünfte

Die Vorschriften zu den gewerblichen Einkünften sind zentral für das gesamte Ertragsteuerrecht. Als wahrscheinlich wichtigste Einkunftsart wird immer wieder auch von anderen Gesetzen wie dem Gewerbesteuergesetz oder dem Körperschaftsteuergesetz auf die Grundlagen des § 15 und der Gewinnermittlung nach § 4 Abs 1 und § 5 EStG zurückgegriffen.

Tatsächlich gehören zu den Regeln, was alles unter die gewerblichen Einkünfte nach § 15 EStG fällt, auch die §§ 15a bis 17 EStG.

Denn zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb zählen auch die Gewinne aus dem Verkauf eines Unternehmens und die Gewinne aus dem Verkauf von Beteiligungen an z.B. einer GmbH, wenn die Beteiligung eine relevante Höhe hatte.

Schauen wir uns aber zuerst den § 15 einmal genauer an.

§ 15 EStG umfasst fünf Absätze, obwohl der Absatz 4 der Absatz mit der höchsten Nummer im Paragraf ist. Nachträglich wurde ein Absatz 1a eingefügt. Für das grundlegende Verständnis sind dabei die Absätze 1, 2 und 3 für uns relevant.

Im ersten Absatz wird erst einmal ganz bodenständig klargestellt, was denn Einkünfte aus Gewerbebetrieb sein sollen. Um dann im zweiten Absatz zu definieren, was einen Gewerbebetrieb überhaupt ausmacht.

§ 15 Absatz 1 EStG – Die Hauptfälle

Der erste Absatz stellt drei Gruppen dar, bei denen gewerbliche Einkünfte vorliegen.

Die erste Gruppe in der Nummer 1 umfasst die normalen gewerblichen Unternehmen. Damit sind alle gewöhnlichen Einzelunternehmen gemeint. Gewerbetreibende wie Bäckereien, Drogeriemärkte, Werbeagenturen oder Verkäufer, die über Amazon handeln, fallen hierunter, wenn sie den Betrieb als natürliche Einzelperson betreiben.

§ 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 EStG regelt, dass auch Anteile an Mitunternehmerschaften zu gewerblichen Einkünften führen.

Die Mitunternehmerschaft ist ein rein steuerliches Konstrukt. Es handelt sich dabei um die Beteiligung an einem Gewerbebetrieb, der in der Form einer Personengesellschaft betrieben wird. Das kann also eine GbR, eine OHG oder auch eine GmbH & Co. KG sein. Den Anteil, den der einzelne Gesellschafter am Gewinn zugewiesen bekommt, muss er im Rahmen seiner Einkommensteuer als Einkünfte aus Gewerbebetrieb versteuern.

Voraussetzung für eine Mitunternehmerschaft ist, dass der einzelne Beteiligte Mitunternehmerrisiko und Mitunternehmerinitiative an dem Betrieb der Gesellschaft trägt. Die Folge daraus ist, dass auch alle anderen Einnahmen, die der Beteiligte von dieser Personengesellschaft bezieht, zu Einkünften aus Gewerbebetrieb umqualifiziert werden.

Bestes Beispiel ist das Geschäftsführergehalt eines Gesellschafter-Geschäftführers einer Kommanditgesellschaft. Wäre der Gesellschafter nicht an der KG beteiligt, würde er als Geschäftsführer der KG Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit nach § 19 EStG beziehen. Als Mitunternehmer gilt aber auch das Geschäftsführergehalt als Einnahme iSd § 15. Als Folge werden auch diese Bezüge der Gewerbesteuer unterworfen und es fallen viele Möglichkeiten zur Steuerfreiheit nach § 3 EStG weg.

Das ganze schauen wir uns aber noch detailliert separat an.

Die dritte Gruppe des Absatzes 1 spielt in der Praxis eine eher geringfügige Rolle. Es geht in der Nummer 3 des Absatzes 1 um die Gewinnanteile eine Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) und damit in Zusammenhang stehende Sondervergütungen. Den Fall lassen wir hier aber getrost unter den Tisch fallen.

§ 15 Absatz 2 EStG – Die Definition des Gewerbebetriebs

Absatz 1 hat uns jetzt zwar einzelne Fallgruppen aufgezählt, die zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb führen, aber es ist immer noch nicht klar, was denn ein Gewerbebetrieb eigentlich ist. Die Definition dafür findest du dann im Absatz 2.

§ 15 Absatz 2 EStG zählt fünf explizite Kriterien auf, die einen Gewerbebetrieb ausmachen. Dazu kommt dann noch ein ungeschriebenes Merkmal, was wir aber in den Richtlinien finden.

Für einen Gewerbebetrieb muss Folgendes vorliegen.

  • Selbstständigkeit,

  • Nachhaltige Betätigung,

  • eine Gewinnerzielungsabsicht,

  • eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr,

  • es darf sich nicht um Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft und freiberuflicher Tätigkeit handeln und

  • es darf sich um keine reine Vermögensverwaltung handeln (ungeschriebenes Merkmal).

Nur wenn alle Tatbestandsmerkmale erfüllt sind, liegt ein Gewerbebetrieb vor. Also müssen wir uns die einzelnen Voraussetzungen im Detail anschauen.

Selbstständigkeit iSd§ 15 Absatz 2 EStG

Der Begriff der Selbstständigkeit grenzt die gewerblichen Einkünfte insbesondere von der nichtselbstständigen Tätigkeit nach § 19 EStG ab. Für die Selbstständigkeit gilt, dass der Unternehmer das unternehmerische Risiko trägt und die Unternehmerinitiative entfalten können muss.

Unternehmerrisiko heißt, er arbeitet auf eigene Rechnung. Unternehmerinitiative liegt vor, wenn er auch auf eigene Verantwortung arbeitet (H 15.1 ´Allgemeines´ EStH).

Am klarsten werden die Begriffe, wenn wir uns einen klassischen Angestellten als Gegenteil des Unternehmers anschauen. Ein klassischer Angestellter im Vertrieb bringt dem Unternehmer vielfach höhere Umsätze ein, als der Arbeitnehmer selbst als Lohn bekommt. Sein Lohn ist aber meistens fix gesetzt. Er arbeitet also nicht auf eigene Rechnung.

Zudem ist er meistens strikt weisungsgebunden. Wenn er zum Beipspiel Vertreter von Adidas-Schuhen ist, kann er nicht einfach Haushaltschwämme vertreiben, weil ihm Putzen besser gefällt als Schuhe tragen.

Ein klassicher Einzelunternehmer ist dagegen völlig frei in seinen Entscheidungen und steckt alles, was an Gewinn übrig bleibt, in seine eigene Tasche.

Zur Abgrenzung bietet es sich an § 1 Absatz 2 Lohnsteuerdurchführungsverordnung einmal genau anzuschauen. Dort ist definiert, was einen Angestellten ausmacht.

Natürlich kann es in der Praxis schwer sein Angestellte und Unternehmer voneinander abzugrenzen, besonders da neue Arbeitsmodelle in der Wirtschaft Gang und Gäbe werden. Wenn dem Arbeitnehmer fast völlige freie Arbeitsgestaltung und provisionsabhängige Bezüge zugesichert werden, muss man für die steuerliche Einordnung immer das Gesamtbild der Verhältnisse anschauen. Es muss also Pro und Contra abgewogen werden (H 15.1 ´Gesamtbeurteilung´ EStH). Die Richtlinien und Hinweise zum EStG geben dafür aber recht hilfreiche Leitlinien und Beispiele vor.

Nachhaltige Betätigung

Das zweite Merkmale ist die Nachhaltigkeit der Betätigung. Die Tätigkeit muss mit der Absicht erfolgen sie zu wiederholen (H 15.2 ´Wiederholungsabsicht´ EStH). Wenn also die Steuerpflichtige A über eBay ein einziges Mal selbst gestrickte Socken verkauft, begründet das noch keinen Gewerbebetrieb. Hat sie aber den Plan weiterhin ihre selbst hergestellten Sachen zu verkaufen, ist das Merkmal der Nachhaltigkeit bereits beim ersten Verkauf erfüllt.

Der BFH spricht davon, dass besonders bei einer „Mehrzahl gleichartiger Handlungen“ das Merkmal der Nachhaltigkeit erfüllt ist. Sobald also mehr als ein mal eigene Waren angeboten werden, wird stets davon ausgegangen, dass eine nachhaltige Betätigung vorliegt.

Gewinnerzielungsabsicht und Liebhaberei

Die dritte Voraussetzung ist, dass mit der Betätigung auch ein Gewinn erzielt werden soll. Anlaufverluste in der Gründungsphase machen nichts aus. Es geht rein um die Absicht ein Geschäftsmodell aufzubauen, das irgendwann einen Ertrag erzielt und sich lohnt. Die Gewinnerzielungsabsicht wird bei fast allen Tätigkeiten im geschäftlichen Leben von den Finanzbehörden unterstellt. Kritisch betrachtet werden nur anfällige Branchen wie Reitschulen und Pferdezucht oder Kunsthandel. Bei solchen Tätigkeiten liegt das rein private Interesse nach Anerkennung, Sozialprestige oder der steuerlichen Abzugsfähigkeit des Hobbies meistens näher als die Gewinnerzielungsabsicht.

Wenn also kontinuierlich mit der Tätigkeit nur Verluste gefahren werden und dazu auch noch private Interessen vorliegen, stellt sich schnell die Frage der sogenannten „Liebhaberei“.

Natürlich kann auch die Sammelleidenschaft von Kunstgemälden ein legitimes Gewerbe sein, das sich eben erst nach Jahrzehnten rechnet. Meistens fehlt es aber schon zu Beginn an der Gewinnerzielungsabsicht und die Finanzbehörde hat ein begründetes Interesse daran geltend gemachte Verluste nicht mehr zu gewähren.

Für diese Beurteilung stellt man auf eine Totalgewinnprognose ab. Der Totalgewinn ist die Summe aller Verluste und Gewinne vom Tag der Gründung an bis zur Einstellung des Betriebs (H 15.3 ´Totalgewinn´EStH). Wird sich die Tätigkeit aller Wahrscheinlichkeit nach irgendwann rechnen, dann geht das Finanzamt auch von einer Gewinnerzielungsabsicht aus und lässt die Verluste steuerlich zu.

In der Praxis setzen die Finanzämter bei kritischen Branchen und kontinuierlichen Verlusten relativ zügig die Einkommensteuerfestsetzungen unter den Vorläufigkeitsvermerk nach § 165 AO. Wenn dann nach 6 bis 7 Jahren immer noch keine deutlichen Gewinne erklärt werden, wird der Steuerbürger angeschrieben. Er wird aufgefordert zu erläutern, wie und wann er vorhat, Gewinne zu erzielen. Erfolgt dann in den folgenden Jahren keine Verbesserung der Situation und kann der Steuerpflichtige auch keine triftigen Gründe nennen, warum das so sein muss, wird rückwirkend für jedes Jahr mit Vorläufigkeitsvermerk der Verlust gestrichen. Die darauf folgende Nachzahlung der Steuern wird dann besonders wegen der Verzinsung nach § 233a AO recht unangenehm.

Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr

Für die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr reicht es aus, wenn der Steuerpflichtige sich auch nur an einen sehr kleinen Kreis von Kunden wendet. Liegen alle anderen Merkmale vor, wird meistens auch diese Voraussetzung bejaht (H 15.4 ´Allgemeines´ EStH). Das Tatbestandsmerkmal ist also recht unproblematisch.

Abgrenzung zu Lafo und der selbstständigen Tätigkeit nach § 18 EStG

Grundsätzlich gelten alle anderen Voraussetzungen auch für die Einkünfte nach § 13 und § 18 EStG. Sobald aber klar erkennbar ist, dass Land- und Forstwirtschaft oder ein Katalogberuf des § 18 EStG vorliegt, gehen diese Einkünfte vor.

Eine Ausnahme besteht nur bei den gemischten Tätigkeiten. Wenn ein Berufsträger, wie der Rechtsanwalt, neben seiner Rechtsberatung auch noch ein Immobilienmaklerbüro betreibt, dann muss geklärt werden, ob die beiden Tätigkeiten sauber voneinander getrennt werden können. Wenn das nicht möglich ist, gilt für alles der § 15 und damit eine gewerbliche Tätigkeit. Können die beiden Tätigkeiten sauber wirtschaftlich voneinander abgegrenzt werden, indem zum Beispiel separate Buchhaltungen und verschiedene Kundenkreise vorliegen, werden nebeneinander Einkünfte nach § 18 und § 15 EStG erzielt (H 15.6 ´Gemischte Tätigkeiten´EStH).

Keine reine Vermögensverwaltung als ungeschriebenes Merkmal

Reine Vermögensverwaltung führt nicht zu gewerblichen Einkünften. Diesen Grundsatz hat der BFH in seiner ständigen Rechtsprechung gesetzt. Das bedeutet, wenn ein Steuerpflichtiger 100 Wohnungen erbt, diese gewinnbringend vermietet und auch einen eigenen Hausverwalter beschäftigt, liegen grundsätzlich trotzdem keine Gewinneinkünfte vor. Sobald er aber anfängt die Wohnung kurzfristig an Feriengäste zu vermieten und einzelne Immobilien anzukaufen, um sie kurze Zeit später wieder mit Gewinn zu verkaufen, stellt sich die Frage, ob noch reine Vermögensverwaltung vorliegt. Die Richtlinien R 15.7 EStR und H 15.7 EStH sind für diese Abgrenzungsproblematik recht ergiebig und es lohnt sich sie zu lesen.

Liegen also alle Voraussetzungen des § 15 Absatz 2 EStG vor, wird von einem Gewerbetrieb ausgegangen, der zu Einkünften nach § 15 Absatz 1 EStG führt.

Abgesehen vom Standardfall, dass einfach die Tatbestandsmerkmale des § 15 Absatz 2 EStG erfüllt sind, gibt es aber noch einige Sonderprobleme.

Das sind zum einen die Abfärbung und die gewerbliche Prägung des § 15 Absatz 3 EStG und zum anderen der gewerbliche Grundstückshandel und die Betriebsaufspaltung. Die Betriebsaufspaltung und den gewerblichen Grundstückshandeln schauen wir uns separat an. Zur Abrundung von § 15 EStG gehen wir aber jetzt noch in den Absatz 3.

Abfärbung und gewerbliche Prägung

Im Absatz 3 von § 15 EStG findest du zwei besondere Konstellationen die zwangsläufig als Gewerbebetrieb behandelt werden.

§ 15 Absatz 3 Nr. 1 EStG: Die Färbetheorie

Nach § 15 Absatz 3 Nr. 1 EStG wird die Tätigkeit einer Personengesellschaft in vollem Umfang zum Gewerbebetrieb, wenn auch eine gewerbliche Tätigkeit ausgeführt wird. „Auch“ bedeutet, dass grundsätzlich eine andere Einkunftsart vorliegt, ein Teil der Tätigkeiten aber gewerblicher Art ist. Die einzelne gewerbliche Tätigkeit der Personengesellschaft führt daraufhin zur Umqualifizierung der gesamten Einkunftsart zu gewerblichen Einkünften.

Relevant ist das oft bei Personenzusammenschlüssen, die Einkünfte nach § 18 EStG erzielen. Also zum Beispiel bei Ärzte-GbRs oder Steuerberaterkanzleien. Sobald einer der Beteiligten in der Personengesellschaft gewerbliche Einkünfte statt Einkünften nach § 18 erzielt, färbt diese Tätigkeit auf die gesamte Gesellschaft ab.

§ 15 Absatz 3 Nr. 2 EStG: Die gewerbliche Prägung

§ 15 Absatz 3 Nr. 2 EStG führt bei Personengesellschaften, die keine gewerbliche Tätigkeit ausüben, trotzdem zu gewerblichen Einkünften, wenn einer der persönlich haftenden Gesellschaftern eine Kapitalgesellschaft ist und nur dieser Gesellschafter zur Geschäftsführung befugt ist.

Der Regelfall, bei dem diese Norm greift, ist eine GmbH & Co. KG die Immobilien verwaltet und vermietet. Wenn für die GmbH & Co. KG nichts anderes im Gesellschaftsvertrag geregelt ist, führt der Vollhafter, also die GmbH, nach § 164 HGB die Geschäfte. Sollte das der Fall sein, führt das zu einer gewerblichen Prägung nach § 15 Absatz 3 Nr. 2 EStG.

Damit liegen gewerbliche Einkünfte vor, die Gesellschaft wird gewerbesteuerpflichtig und Verkäufe von Immobilien unterliegen unabhängig von der 10-Jahres-Frist des § 23 EStG immer der Besteuerung.

Die gewerbliche Prägung kann allerdings ausgeschaltet werden, indem man einen der Kommanditisten zur Geschäftsführung befugt. Dadurch sind nicht mehr alle Tatbestandsmerkmale des § 15 Absatz 3 Nr. 2 EStG gegeben und man hat wieder alle Vorteile für Immobilienvermögen des Einkommensteuergesetzes.

Die gewerbliche Prägung und Entprägung wird in der Praxis auch bei großem Immobilienvermögen zu Gestaltung von erbschaftsteuerlichen Konsequenzen benutzt.

So damit hast du einen grundlegenden Überblick über die Regelungen des § 15 EStG.

Als nächstens schauen wir uns im Detail an, wie die Mitunternehmerschaft des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 EStG funktioniert.

–> Die Regeln zur Mitunternehmerschaft nach § 15 Absatz 1 Nr. 2 EStG

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