Im Umsatzsteuerrecht kann ein Leasingvertrag zu einer Lieferung des Gegenstandes im Zeitpunkt der Übergabe an den Leasingnehmer oder zu einer sonstigen Leistung (Nutzungsüberlassung) führen.
Das klassische Leasing ist eine sonstige Leistung (Vermietungsleistung). Du kennst das vielleicht aus deinem Freundeskreis, dass sich jemand ein neues Auto geleast hat.
Bisherige Behandlung
Bisher knüpfte das Umsatzsteuerrecht beim Leasing an die ertragsteuerlichen Leasingerlasse (BMF-Schreiben v. 19.04.1971) an. Danach ist die Entscheidung, ob eine Lieferung oder eine sonstige Leistung vorliegt, anhand der Zurechnung des Wirtschaftsgutes nach Bilanzierungsgrundsätzen vorzunehmen.
Ist der Leasinggegenstand dem Leasinggeber zuzurechnen, liegt eine sonstige Leistung vor.
Ist der Leasinggegenstand dem Leasingnehmer zuzurechnen, liegt eine Lieferung vor.
Bei dem sogenannten Finanzierungsleasing ergeben sich nun nach neuer Rechtsprechung Abweichungen zwischen der ertragsteuerlichen und der umsatzsteuerlichen Behandlung.
Neue Rechtsprechung EuGH-Urteil v. 04.10.2017
Das EuGH-Urteil v. 04.10.2017 (Rs. C-164/16) konkretisiert, unter welchen Voraussetzungen eine Lieferung beim Leasingvertrag angenommen wird.
Mit BMF-Schreiben vom 18.03.2020 hat die Finanzverwaltung nun die Ansichten des EuGH umgesetzt. Der Abschnitt A 3.5 Abs. 5 UStAE wird künftig entsprechend angepasst.
Danach ist eine Lieferung anzunehmen, wenn:
1. Der Vertrag beinhaltet eine ausdrückliche Klausel (z.B. Kaufoption) zum Eigentumsübergang des Leasinggegenstands vom Leasinggeber an den Leasingnehmer
und
2. aus dem Vertrag muss hervorgehen, dass das Eigentum am Leasinggegenstand automatisch auf den Leasingnehmer übergehen soll, wenn der Vertrag bis zum Vertragsablauf normal ausgeführt wird.
Die Kaufoption muss als einzig wirtschaftlich sinnvolle Möglichkeit für den Leasingnehmer erscheinen.
Dies ist z.B. der Fall, wenn die Leasingraten bis zum Zeitpunkt der Optionsausübung dem Verkehrswert des Gegenstands einschließlich der Finanzierungskosten entsprechen und der Leasingnehmer durch die Ausübung der Option nicht zusätzlich eine erhebliche Summe entrichten muss.
Eine erhebliche Summe liegt lt. BMF-Schreiben vor, wenn der Betrag 1 % des Verkehrswertes des Gegenstands im Zeitpunkt der Ausübung der Option übersteigt.
Übergangsregelung
Für Verträge mit Abschluss vor dem 18.03.2020 wird es nicht beanstandet, wenn die bisherige Verwaltungsauffassung angewendet wurde.