Steuersatz § 12 UStG
Ist eine Leistung nicht umsatzsteuerfrei nach § 4 UStG, dann ist diese steuerpflichtig.
Hast du diese Feststellung getroffen, stellt sich die nächste Frage:
Wie hoch ist die Umsatzsteuer denn nun?
Dabei musst du einen Blick in den § 12 UStG werfen, denn dort wird bestimmt, ob 19 % oder nur 7 % Umsatzsteuer anfallen.
Hinweis zum Prüfungsschema:
Die Bemessungsgrundlage bestimme ich erst nachdem ich den Steuersatz geprüft habe. Hier gibt es allerdings kein festes Muster, also finde einfach für dich heraus, welche Reihenfolge dir logischer vorkommt.
Es wird zwischen dem Regelsteuersatz von 19 % nach § 12 Abs. 1 UStG und dem ermäßigten Steuersatz von 7 % nach § 12 Abs. 2 UStG unterschieden.
Der § 12 UStG ist so aufgebaut, dass du zunächst prüfen musst, ob eine Steuerermäßigung gem. § 12 Abs. 2 UStG greift.
Erst wenn du dies verneinen kannst, landest du wieder im Regelsteuersatz.
Der Regelsteuersatz, § 12 Abs. 1 UStG
Seit Anfang 2007 liegt der Regelsteuersatz nun bei 19 %.
Wem das viel zu hoch vorkommt, der sollte mal lieber nach rechts und links schauen und etwas aufatmen.
In Belgien liegt der Regelsteuersatz bei 21 %, in Polen bei 23 % !
Der ermäßigte Steuersatz § 12 Abs. 2 UStG
Die Ermäßigung von gewissen Lieferungen und sonstigen Leistungen erfolgt vor allem aus sozialen oder umwelt- und wirtschaftspolitischen Gründen.
So wurde zum Beispiel zur Klimaförderung der Steuersatz für die Personenbeförderung im Schienenbahnverkehr in Deutschland gem. § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG ab dem 01.01.2020 allgemein auf 7 % ermäßigt. Entlastet wird letztendlich der Endverbraucher. Aber auch für den Unternehmer kann es für seine Konkurrenzfähigkeit von Vorteil sein.
In diesem Artikel werde ich zunächst ausschließlich auf die Nr. 1 und Nr. 2 eingehen.
Nr. 1: Gegenstände aus der Anlage 2
Die Lieferung in der Anlage 2 zum Umsatzsteuergesetz aufgelisteten Gegenstände unterliegen dem Steuersatz von 7 %.
Wichtig hierbei ist, dass dies nicht für sonstige Leistungen im Zusammenhang mit diesen Gegenständen gilt.
Zum Beispiel unterliegt eine warme Schoki zum Mitnehmen (= Lieferung) 7 % und wenn du diese im Café vor Ort genießt, fallen 19 % Umsatzsteuer an.
Es spielt dabei keine Rolle, was für ein Unternehmer (z.B. ob Hausmeister oder Metzger) die Lieferung ausführt oder an wen er diese erbringt. Es ist rein die Leistung an sich zu beurteilen, ob die Voraussetzungen der Steuerermäßigung erfüllt werden.
In der Anlage 2 sind ganz schön viele Gegenstände aufgelistet.
Hier ein Überblick:
Die Gegenstände sind zum Teil sehr allgemein gehalten, wie zum Beispiel Kakaopulver (Nr. 30). Willst du zum Beispiel wissen, ob ein kakaohaltiger Brotaufstrich darunter fällt, musst du in den entsprechenden Zolltarif hineinschauen.
- Land-und forstwirtschaftliche Erzeugnisse
(z.B. Eier, Milch, Fleisch) - Futtermittel
(z.B. Stroh für die Viehfütterung Nr. 23) - Lebensmittel
Süßigkeiten wie Schokolade (Nr. 29) zählen auch darunter.
Allerdings sind Luxuslebensmittel (z.B. Hummer, Nr. 28) von der Ermäßigung ausdrücklich ausgenommen. - Getränke
Darunter fallen u.a. Milchmischgetränke mit einem Anteil von mehr als
75 % Milch. Zum Beispiel fällt ein Latte Macchiato to go auch darunter.
Leitungs- und Quellwasser zählt ebenso dazu, nicht aber in Flaschen abgefülltes Wasser.
Auch nicht begünstigt sind sonstige zubereitete Getränke wie z.B. Tee oder Saft.
Bei Kaffee (Nr. 12) ist nur die Lieferung von Kaffeebohnen gemeint.
Ein Kaffee schwarz to go unterliegt daher 19 %. - Verlagserzeugnisse und Erzeugnisse des graphischen Gewerbes
Hierzu zählen Bücher und Zeitschriften (Nr. 49). Die Ermäßigung gilt allerdings nicht für derartige Gegenstände, die den Beschränkungen des Jugendschutzgesetzes unterliegen (z.B. Playboy).
Auch nicht ermäßigt sind Baupläne, Glückwunschkarten oder Kalender.
Ab dem 01.01.2020 sind nun auch E-Books und andere ähnliche Produkte (z.B. Online-Veröffentlichungen) ermäßigt. - Rollstühle, Körperersatzstücke und ähnliche Gegenstände
Darunter fallen Rollstühle (Nr. 51) oder Körperersatzstücke wie Prothesen (Nr. 52).
Nr. 2: Vermietung der Gegenstände aus der Anlage 2
Die Vermietung der Gegenstände aus der Anlage 2 sind steuerermäßigt. Darunter fällt zum Beispiel das Ausleihen von Büchern.
Nr. 11 Kurzfristige Vermietung von Wohn-und Schlafräumen sowie Campingflächen
Die kurzfristige Vermietung von Wohn-und Schlafräumen und von Campingflächen ist ausdrücklich gem. § 4 Nr. 12 S. 2 UStG von der Steuerbefreiung ausgenommen, unterliegt aber unter gewissen Voraussetzungen dem ermäßigten Steuersatz.
1. Kurzfristige Vermietung von Wohn-und Schlafräumen zur Beherbergung
Davon betroffen sind u.a. das Hotelgewerbe, Pensionen oder Ferienwohnungen.
Kurzfristigkeit
Die Vermietung muss kurzfristig erfolgen.
Die Kurzfristigkeit ist gegeben, wenn die Absicht besteht, für weniger als 6 Monate zu vermieten, A 12.16. Abs. 1 S.2 und A 4.12.3 Abs. 2 UStAE.
Es kommt auf die Absicht an. Wenn ein Gast zunächst auf 3 Monate in einer Pension unterkommt und dann für 4 Monate verlängert, so überschreitet die Vermietungsdauer zwar die 6 Monate, allerdings kommt es hier nur auf die Absicht des Unternehmers an. Dieser hält die Pension zu kurzfristigen Beherbergung bereit, nicht zur langfristigen Vermietung.
Deshalb bleibt es bei der kurzfristigen ermäßigten besteuerten aber nicht steuerbefreiten Vermietung.
Unmittelbar der Beherbergung dienend
Die Steuerermäßigung gilt nur für Leistungen, die unmittelbar der Beherbergung dienen.
Dazu zählen Leistungen wie die Überlassung von möblierten und mit anderen Einrichtungsgegenständen ausgestatteten Räumen (z.B. Fernsehgerät) oder die Überlassung von Bettwäsche, Handtücher und Bademäntel, auch wenn diese Leistungen gegen gesondert abgerechnet werden, A 12.16 Abs. 4 UStAE.
Nicht als unmittelbar der Beherbergung dienend sind Leistungen wie z.B. die Überlassung von Tagungsräumen oder KFZ-Stellplätzen,
A 12.16. Abs. 5 UStAE.
2. Kurzfristige Vermietung von Campingflächen
Die kurfristige Vermietung von Campingflächen betrifft Flächen zum Aufstellen von Zelten und zum Abstellen von Wohnmobilen und Wohnwagen mit dem Transport-Kfz.
Auch darunter fällt die Vermietung von ortsfesten Wohnmobilen, Wohncaravans und Wohnanhängern.
Nicht begünstigt ist also die Vermietung von nicht ortsfesten Wohnmobilen, A 12.16. Abs. 7 UStAE.
Zur begünstigten Vermietung gehören auch Nebenleistungen wie z.B. die Lieferung von Strom, die Versorgung mit (Warm-) Wasser,
vgl. A 4.12.1 Abs. 5 S.3 UStAE.
Kurzfristigkeit
Die Vermietung von Campingflächen ist kurzfristig, wenn die tatsächliche Mietdauer weniger als 6 Monate beträgt. Beträgt die Vermietung tatsächlich länger als 6 Monate, z.B. weil ein Gast zunächst 3 Monate bleiben will und darauf für 4 Monate verlängert (=7 Monate), dann unterliegt der Umsatz zwar nicht der Steuerermäßigung, sondern ist im Ganzen steuerfrei nach
§ 4 Nr. 12 a) UStG.
Leistungen, die nicht unmittelbar der Vermietung dienen
Nach § 12 Abs. 2 S.2 UStG greift die Steuerermäßigung nicht für Leistungen, die nicht unmittelbar der kurzfristigen Vermietung von Wohn-und Schlafplätzen oder von Campingflächen dienen. Dieser Grundsatz gilt auch, wenn es sich um Nebenleistungen zur Beherbergung handelt und die Leistung mit dem Entgelt für die Vermietung abgegolten ist.
Dieses gesetzliche Aufteilungsgebot stellt eine Ausnahme vom Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung dar, A 12.16 Abs. 8 UStAE.
Unter dieses Aufteilungsgebot fallen z.B. Verpflegungsleistungen (z.B. Frühstück), der Transport zwischen Bahnhof/Flughafen und Unterkunft oder die Nutzung von WLAN.
Aus Vereinfachungsgründen und auch für Zwecke des Vorsteuerabzuges des Empfängers können bestimmte vom Aufteilungsgebot erfasste nicht begünstigte Leistungen (darunter die Abgabe des Frühstücks) als Gesamtposten in der Rechnung ausgewiesen werden.
Dabei kann der auf diese Leistungen entfallende Entgeltanteil mit 20 % des Pauschaulpreises angesetzt werden, A 12.16 Abs. 12 S.2 UStAE.
Dieses Aufteilungsgebot wird in der Praxis sehr kritisch gesehen. Aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers würde man sich fragen, was bringt es mir, wenn mich jemand z.B. vom Flughafen zum Hotel bringt und ich dort nicht übernachte ?
Maßgebender Zeitpunkt
Es ist der Steuersatz anzuwenden, der im Zeitpunkt der Ausführung des Umsatzes gilt, A 12.1 Abs. 2 und 3 UStAE.
Nicht maßgebend ist demnach der Zeitpunkt der Vereinnahmung des Entgelts oder die Rechnungsstellung.
Dies ist vor allem zu beachten bei Steuersatzänderungen oder bei Änderung der Ermäßigungsvorschriften.
Bei der befristeten Ermäßigung von Speisen in der Gastronomie von bisher
19 % auf 7 % im Zeitraum 01.07.2020 bis 30.06.2020 ist dies zu beachten.