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Steuerbefreiungen von der Umsatzsteuer

von Jessica P.

Eine steuerbare Leistung ist steuerpflichtig, wenn keine Steuerbefreiung (§ 4 ) vorliegt.

Klingt doch ganz einfach – oder?

Nicht steuerbare und nicht steuerpflichtige Umsätze führen zwar beide dazu, dass keine Umsatzsteuer anfällt.
Dennoch ist eine Trennung notwendig, vor allem hinsichtlich der Aufzeichnungspflichten
(§ 22) und des Vorsteuerabzugs (§ 15) des leistenden Unternehmers.

Sinn und Zweck:

Gewisse Branchen sollen durch die Steuerbefreiungen wirtschaftlich gefördert bzw. unterstützt werden (§ 4 Nr. 8 Kreditinstitute).
Aber auch von einer Mehrfachbelastung durch andere zusätzliche Steuern und Abgaben entlastet werden (§ 4 Nr. 9a Umsätze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen).
Die Befreiung der Umsätze wie z.B. Heilbehandlungen (§ 4 Nr. 14) oder Vermietung
(§ 4 Nr. 12) erfolgt aus sozialen Gesichtspunkten.

Fällt ein Umsatz nicht unter die Befreiungsvorschrift, kann evtl. dennoch eine Begünstigung durch eine ermäßigte Besteuerung mit 7 % vorliegen nach § 12 Abs. 2 UStG. (Hierzu mehr Die Steuersätze nach § 12 UStG)
So ist z.B. die langfristige Vermietung einer Wohnung umsatzsteuerfrei (§ 4 Nr. 12 a UStG), während eine kurzfristige Vermietung (z.B. einer Ferienwohnung) zwar nicht steuerfrei aber mit 7 % anstatt 19 % besteuert wird.
Es gibt aber auch die Möglichkeit trotz Steuerbefreiung zur Umsatzsteuerpflicht optieren gem. § 9 UStG. (Hier zum Artikel Option zur Umsatzsteuerpflicht § 9)

Tipp:
Die Steuerbefreiungsvorschriften sollte man sich zumindest einmal grob durchgelesen haben, sodass man sich diese im Hinterkopf behält. Der Umsatzsteueranwendungserlass bietet für jede Nummer eine genaue Erläuterung und Beispiele zur Abgrenzung.

Auswirkung auf den Vorsteuerabzug

Je nachdem welche Steuerbefreiungsvorschrift für die Umsätze greift, kann dies dazu führen, dass der leistende Unternehmer keine Vorsteuer ziehen kann.

Grundsätzlich kann der Unternehmer beim Einkauf die in der Rechnung ausgewiesene Umsatzsteuer als Vorsteuer beim Finanzamt geltend machen, § 15 Abs. 1 (Stichwort „Allphasen-Netto-Prinzip“).

Vorsteuerausschluss, § 15 Abs. 2 Nr. 1:

Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist die Steuer für die Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung von steuerfreien Umsätzen verwendet.

Beispiel 1:
Ein Arzt führt neben seiner klassischen Arzttätigkeit auch hin und wieder Schönheitsoperationen durch.
Die Umsätze des Arztes sind steuerfrei nach § 4 Nr. 14 a S. 1, allerdings nur was die klassische Arzttätigkeit angeht.
Die Umsätze aus den Schönheitsoperationen fallen nicht unter die Befreiungsvorschrift, da diese keine Ausübung der Heilkunden als Arzt darstellen.
Kauft sich der Arzt nun Bürostühle für das Büro, in der er seine klassische Arzttätigkeit ausübt, so kann er die Vorsteuer aus der Anschaffung des Stuhles nicht ziehen.
Kauft sich der Arzt eine Liege für den OP-Saal, in dem er Schönheitsoperationen durchführt, so kann er die Vorsteuer daraus ziehen.

Ausnahme vom Vorsteuerausschluss, § 15 Abs. 3:

Der Ausschluss vom Vorsteuerabzug tritt bei den Umsätzen nicht ein, die unter die im
§ 15 Absatz 3 explizit aufgezählten Befreiungsvorschriften fallen.
Demnach ist der Unternehmer weiterhin zum Vorsteuerabzug berechtigen.

Beispiel 2:
Der Unternehmer betreibt eine Produktionsstätte von Kuscheltieren mit Sitz in Breisach. Von dort aus beliefert er unter anderem auch den Einzelhandel in Frankreich.
Die Lieferung von einem EU-Land in ein anderes an einen Unternehmer stellt eine innergemeinschaftliche Lieferung dar (§ 6a) und ist nach § 4 Nr. 1b steuerfrei.
Grundsätzlich ist der Vorsteuerabzug ausgeschlossen, da es sich bei den Lieferungen nach Frankreich um steuerfreie Umsätze handelt. 
Allerdings tritt der Ausschluss nicht ein, da die Umsätze unter die Befreiungsvorschriften
§ 4 Nr. 1 bis 7 fallen und somit nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 a von dem Ausschluss ausgenommen sind.

Die Steuerbefreiungsvorschriften lassen sich grob in zwei Gruppen einteilen:

  1. Befreiungsvorschrift mit Vorsteuerabzug § 4 Nr. 1-7 UStG
  2. Befreiungsvorschrift ohne Vorsteuerabzug § 4 Nr. 8-28 UStG


Befreiungsvorschriften

Im Folgenden wird auf einige Befreiungsvorschriften eingegangen.

§ 4 Nr. 9 a UStG

Nach § 4 Nr. 9 a sind die Umsätze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) fallen, steuerfrei.
Die Veräußerung von Grundstücken fällt unter § 1 GrEStG und ist somit steuerfrei nach
§ 4 Nr. 9 a UStG.

Die Veräußerung von Betriebsvorrichtungen fällt nicht unter das GrEStG, auch wenn diese wesentliche Bestandteile des Grundstücks sind.
Es könnte allerdings auch sein, dass die Veräußerung gar nicht erst steuerbar ist – mehr dazu hier: Geschäftsveräußerung im Ganzen.


§ 4 Nr. 12 a UStG

Die Vermietung oder Verpachtung von Grundstücken ist steuerfrei. Was unter einem Grundstück genau zu verstehen ist und was alles dazu zählt, findest du in A 4.12.1 UStAE.
So sind auch z.B. Wohnungen oder unbebauter Grund und Boden darunter zu verstehen.
Keine Vermietung von Grundstücken liegt vor bei Bauwerken, die nur vorübergehend mit dem Grundstück verbunden sind und leicht demontiert oder versetzt werden können (z.B. Wohncontainer, Baubuden, Kioske, Tribünen).
Ebenso liegt keine Grundstücksvermietung vor bei beweglichen Gegenständen wie z.B. Zelte, Wohnanhänger oder Mobilheime.

Aber Vorsicht – es gibt noch einen wichtigen Satz 2:

Ausschluss der Steuerfreiheit
§ 4 Nr. 12 S. 2 UStG zählt auf, bei welchen Umsätzen die Befreiung nicht greift:
1. Kurzfristige Vermietung von Wohn- und Schlafplätzen
Die Befreiung greift nicht bei der Vermietung von Wohn- und Schlafplätzen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung bereitstellt. Klassische Beispiele sind das Hotelgewerbe, Pensionen oder Ferienwohnungen.
Kurzfristigkeit ist gegeben, wenn die Absicht besteht, für weniger als 6 Monate zu vermieten.
Wenn ein Gast zunächst 3 Monate in einer Pension unterkommt und dann später für 4 Monate verlängert, so überschreitet zwar die Mietdauer die 6 Monatsgrenze, aber es kommt hier nur auf die Absicht der Bereitstellung an. Und die Absicht eines Pensionsbetreiber ist die kurzfristige Vermietung. Die kurzfristige Vermietung wird allerdings mit 7 % ermäßigt vesteuert nach § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG.
2. Kurzfristige Vermietung von Campingflächen
Die Steuerbefreiung greift nicht bei der kurzfristigen Vermietung von Campingflächen.
Hier kommt es allerdings auf die tatsächliche Mietdauer an.
Mietet ein Gast die Campingfläche für zunächst 3 Monate und verlängert er dann später um
4 Monate, ist die tatsächliche Mietdauer über 6 Monate und somit insgesamt steuerfrei.
3. Vermietung von Kfz-Stellplätzen
Es sei denn die Vermietung stellt eine Nebenleistung zur nach § 4 Nr. 12 a UStG steuerbefreiten Hauptleistung dar, z.B. wenn eine Wohnung mit Kfz-Stellplatz vermietet wird.
4. Vermietung von Betriebsvorrichtungen

Nebenleistungen
Für Nebenleistungen zu einer nach § 4 Nr. 12 a UStG steuerbefreiten Leistung gilt, dass diese wie die Hauptleistung (Vermietung/Verpachtung) steuerbefreit ist (Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung).
Nebenleistung zur Vermietung ist z.B. die Nutzung des Fahrstuhls.

§ 4 Nr. 14 a UStG

Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin sind umsatzsteuerfrei.

Darunter fallen die Umsätze von Ärzten, Physiotherapeuten, Hebammen, Heilpraktiker, Zahnärzten und ähnliche Heilberufler. 
Voraussetzung ist natürlich, dass eine Befähigung zur Ausübung des Berufs vorliegt.

Zerpflücken wir zunächst einmal die Begriffe.

Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin“ ( A 4.14.1 Abs. 4 UStAE)

Darunter sind Tätigkeiten gemeint, die zum Schutz der Gesundheit von Menschen vorgenommen werden (z.B. vorbeugende und heilende Maßnahmen)

Unerheblich ist dabei, an wen die Leistung (z.B. an Patient, Gericht, Krankenkasse) und was für eine Leistung erbracht wird (z.B. Attest).
Es muss ein therapeutisches Ziel im Vordergrund stehen.

Keine Heilbehandlungsleistungen sind u.a. (A 4.14.1 Abs. 5 UStAE):

  • schriftstellerische oder wissenschaftliche Tätigkeiten

  • Vortrags-/ und Lehrtätigkeit

  • Lieferung von Hilfsmitteln (z.B. Kontaktlinsen)

  • Erstellung eines Alkohol-Gutachtens

  • Schönheitsoperationen

  • gerichtsmedizinisches Gutachten über die Todesursache

  • Bleaching der Zähne


Ausnahme bei Zahnärzten:

Nach § 4 Nr. 14 a Nr. 1 S. 2 ist die Lieferung oder Wiederherstellung von Zahnprothesen und kieferorthopädischen Apparaten nicht steuerfrei, soweit der Unternehmer diese in seinem eigenen Unternehmen (wieder-)hergestellt hat.

Die Lieferung dieser Gegenstände ist nur dann steuerfrei, wenn der Zahnarzt diese z.B. vom Zahntechniker erworben hat und dann weiterveräußert.

Wichtig ist also die Unterscheidung, wer die Zahnprothese bzw. die kieferorthopädischen Apparate (wieder-)hergestellt hat.

Was alles zur Herstellung dazugehört wie z.B. die Herstellung der Bissschablonen findest du im A 4.14.3 Abs. 3 UStAE.
Die Überlassung von kieferorthopädischen Apparaten (z.B. Zahnspange) ist nicht davon betroffen und ist demnach steuerfrei.

Sinn und Zweck von dieser Regelung soll die wirtschaftliche Gleichstellung zwischen Zahnärzten und Zahntechnikern sein.

Beispiel 3:
(1) Der Zahntechniker Ingo veräußert eine Zahnprothese für den Zahnarzt Emil. Er weist darin Umsatzsteuer aus.
(2) Zahnarzt Emil veräußert diese Zahnprothese weiter an seine Kundin.

(1) Die Lieferung der Zahnprothese an den Zahnarzt Emil unterliegt der Umsatzsteuer. Der Zahntechniker Ingo erbringt keine Heilbehandlungen i.S.d. § 4 Nr. 14a.
Der Zahnarzt Emil kann die ausgewiesene Vorsteuer allerdings nicht ziehen, da der Zahnarzt steuerfreie Umsätze mit absolutem Vorsteuerverbot ausführt gem. § 15 Abs. 2.

(2) Die Veräußerung an den Kunden ist umsatzsteuerfrei, da die Prothese nicht im Unternehmen des Zahnarztes hergestellt wurde.

 

Was beinhaltet die Tätigkeit der in § 4 Nr. 14a aufgezählten Berufsgruppen?

Im A 4.14.4 UStAE wird erläutert, was die Tätigkeit z.B. eines Physiotherapeuten umfasst.

 

Ähnliche heilberufliche Tätigkeit (A 4.14.4 Abs. 6 ff. USTAE)

Eine ähnliche heilberufliche Tätigkeit liegt vor, wenn der zu beurteilende Beruf dem typischen Bild der Katalogberufe (z.B. Arzt) in seinen wesentlichen Merkmalen enstpricht.
Wesentliche Merkmale sind z.B. die Regelungen über Ausbildung und Prüfungen.

Darunter fallen z.B. die Tätigkeit von Ergotherapeuten, Logopäden und Rettungsassistenten.
Nicht darunter fallen z.B. Kosmetiker.

 

§ 4 Nr. 28 UStG

Unter § 4 Nr. 28 fallen die so genannten Hilfsgeschäfte. Dies betrifft insbesondere die Unternehmer, die steuerfreie Umsätze nach § 4 Nr. 8 bis 27 ausführen.

Für Gegenstände, die der Unternehmer für seine steuerfreien Umsätze verwendet hat, ist die Lieferung steuerfrei.

Beispiel 4:
Ein Arzt veräußert den Tisch im Empfangsbereich seiner Praxis.
Den Tisch hat er bisher für seine heilberufliche Tätigkeit nach § 4 Nr. 14 a Nr. 1 verwendet. Die Lieferung des Tisches ist demnach gem. § 4 Nr. 28 steuerfrei.

Zweck dieser Vorschrift liegt darin, dass die Gegenstände nur einmal mit Umsatzsteuer belastet werden. Dadurch dass der Unternehmer bereits bei Anschaffung keine Vorsteuer ziehen konnte (Vorsteuerausschluss, § 15 Abs. 2 Nr. 1), soll nicht noch einmal Umsatzsteuer auf die Weiterveräußerung entfallen.

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