Viele Vorschriften für die Berücksichtigung der PKW-Nutzung
Nutzt ein Steuerpflichtiger einen betrieblichen PKW auch privat, muss die Nutzung auch steuerlich beurteilt werden. Die Regelungen im Einkommensteuergesetz sind vielfältig. Je nachdem wie der Sachverhalt gestaltet ist, greift eine andere Kombination. Es kommt dabei dann darauf an, ob der Steuerpflichtige selbst Unternehmer oder nur Angestellter ist. Es kommt darauf an wie der Gewinn ermittelt wird. Und es kommt darauf an in welcher Rechtsform das Unternehmen betrieben wird.
Versuchen wir etwas Licht ins Dunkel zu bringen.
Bei der folgenden Erklärung geht es um ein Einzelunternehmen, das den Gewinn durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung nach § 4 III EStG ermittelt. Der PKW befindet sich im Betriebsvermögen. Wir möchten jetzt beurteilen, wie eine private Nutzung des PKW durch den Unternehmer sich auswirkt.
Die Bewertung der Privatentnahme nach § 6 Abs. 1 Nr. 4
Nutzt der Unternehmer (U) Gegenstände des Betriebsvermögens für den privaten Bereich, dann liegt eine Privatentnahme vor. Um die Auswirkung der Privatentnahme auf den Gewinn festzustellen, muss sie bewertet werden. Die Regelung für diese Bewertung findest du im § 6 Absatz 1 Nummer 4 EStG.
Grundsätzlich ist zwar der Teilwert anzusetzen. Ab Satz 2 gibt es aber Spezialregelungen für Bewertung von PKW-Nutzungsentnahmen.
§ 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG unterscheidet ausdrücklich zwischen der Bruttolistenpreis- oder auch 1%-Regelung und der Fahrtenbuchmethode. Als dritte Methode ist eine sachgerechte Schätzung denkbar. Der Steuerpflichtige hat grundsätzlich das Wahlrecht welche Methode er anwenden möchte.
Die 1%-Regelung im Detail
Erste Voraussetzung für die 1%-Regelung ist, dass das Fahrzeug zu mehr als 50% betrieblich genutzt wurde. Das bedeutet, wenn kein notwendiges Betriebsvermögen vorliegt, ist die 1%-Regelung nicht anwendbar. Die Entnahme muss dann anders bewertet werden.
Schauen wir uns die 1%-Regelung im Detail an.
§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG regelt, dass die Nutzungsentnahme pro Monat 1% des inländischen Listenpreises inklusive Umsatzsteuer betragen soll. Der Wert einer eventuellen Sonderausstattung muss dabei mit einbezogen werden. Dieser Wert nennt sich Bruttolistenpreis (BLP). Der BLP lässt sich in der Praxis leicht durch eine Schwacke-Abfrage oder durch einen Anruf beim Autohändler erfahren. Wenn vom Listenpreis die Rede ist, kommt es also ausdrücklich nicht auf den Verkaufspreis des Wagens an. Sondern es geht um den Preis, den die Autohersteller in ihren Listen im Zeitpunkt der Erstzulassung festgeschrieben haben.
Den BLP multipliziert man für jeden Monat der Nutzung im Jahr mit 1%. Im Regelfall sind das 12 % pro Jahr. Wurde der PKW unterjährig angeschafft, können es auch weniger sein, je nach Anschaffungsmonat.
E-Autosubvention im EStG
Wie du weißt versucht die Politik regelmäßig über die Einkommensteuer das Kaufverhalten von uns Bürgern zu beeinflussen. Deswegen finden wir direkt im Anschluss zur 1%-Regelung eine Subventionsvorschrift. Handelt es sich um E-Autos oder Hybridwagen, wird der Entnahmewert entsprechend noch vermindert. Wir bleiben aber beim Grundfall.
Die Umsatzsteuer auf die Privatentnahme
Auch wenn der Entnahmewert sich nach dem Bruttolistenpreis berechnet, ist damit die Umsatzsteuer noch nicht berücksichtigt. Nach § 3 Absatz 9a Nummer 1 Umsatzsteuergesetz wird die Verwendung des PKW für private Zwecke einer sonstigen Leistung gleichgestellt, wenn für den PKW bei der Anschaffung Vorsteuer gezogen wurde.
Die Umsatzsteuer bemisst sich gemäß § 10 Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 Satz 1 UStG nach den Ausgaben, die bei der Ausführung dieser Umsätze entstanden sind.
Das hört sich etwas sperrig an, gemeint ist aber damit einfach der umsatzsteuerbelastete Anteil der Privatentnahme. Man müsste also die tatsächlichen Kosten für den PKW in umsatzsteuerpflichtige und umsatzsteuerfreie Kosten aufteilen und ein Verhältnis berechnen. Betragen nun zum Beispiel die umsatzsteuerpflichtigen Kosten 82% der Gesamtkosten des PKWs im Jahr, nehmen wir auch 82% unserer Privatentnahme nach der 1%-Regelung als Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer.
20%-Abschlag als Vereinfachung
Das ist zugegebenermaßen sehr umständlich und die 1%-Regelung soll ja eigentlich eine Vereinfachung sein. Deswegen hat das Bundesfinanzministerium eine Vereinfachungsregel erlassen. Möchte man die Kosten nicht genau aufteilen, kann man pauschal einen Abschlag von 20% für die Berechnung der Umsatzsteuer vornehmen (A 15.23 Absatz 5 UStAE).
80% unserer Privatentnahme nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG ist also die Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer. Der allgemeine Umsatzsteuersatz iHv 19% wird darauf angewendet und die Summe der Umsatzsteuer und der Privatentnahme nach dem § 6 EStG ist unsere gesamte Privatentnahme für den PKW.
Zu Verdeutlichung ein Beispiel:
Bruttolistenpreis: 60.000 €, Anschaffung im Jahr 2017, gefragt ist die Höhe der Privatentnahme in 2018.
Einkommensteuerlich
§ 6 I Nr. 4 2 EStG: BLP x 1% x 12 Monate = 7.200€
Umsatzsteuerlich
§§ 3 IXa, 10 IV UStG: 80% x 7.200€ x 19%= 1.094,4€
Summe der Privatentnahme: 8.294,4 €
Da Privatentnahmen bei der Einnahmen-Überschuss-Rechnung den Charakter von Betriebseinnahmen haben, müssen wir nach diesen Vorschriften grundsätzlich nur diesen Wert den Einnahmen hinzurechnen.
Nicht abzugsfähige Betriebsausgaben für Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb
Leider gibt es aber auch noch die Vorschrift des § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 6 EStG. Hier steht das Verbot des Betriebsausgabenabzugs für Kosten von Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte, die über die gesetzliche Regelung des Werbungskostenabzugs des § 9 hinausgehen.
Du weißt bereits, im § 9 ist unter anderem geregelt, dass ein Arbeitnehmer für Fahrtkosten zwischen seiner Wohnung und dem Betrieb nur die einfache Strecke und nur 30 Cent pro Kilometer geltend machen darf.
Da der Unternehmer aber nicht besser gestellt werden soll, als ein Arbeitnehmer, müssen wir nach § 4 Abs. 5 S.1 Nr. 6 noch eine eventuell bestehende Differenz ausgleichen.
Also schauen wir uns die Nummer 6 genau an.
§ 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 6 EStG im Detail:
Satz 1 verbietet den Betriebsausgabenabzug der tatsächlichen Kosten erst einmal komplett. Satz 2 gibt danach vor, dass die Regelungen zu Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte und der Fahrten bei doppelter Haushaltsführung nach § 9 EStG gelten sollen.
Im Satz 3 stecken mehrere Aussagen. Es werden in einem Satz die Handhabung bei der 1%-Regelung, der Fahrtenbuchmethode und der sachgerechten Schätzung geregelt. Das Ganze macht den Satz leider nicht mehr besonders leicht zu verstehen.
Die Kernaussage von Satz 3 ist eine pauschale Berechnung der Kosten, die über die 30ct-Pauschale des § 9 hinausgehen.
Aber Schritt für Schritt.
Wege zwischen Wohnung und Betrieb
Im ersten Teil des Satzes ist von der Handhabung bei der 1%-Regelung die Rede. Wird die 1%-Regelung vorgenommen, muss folgendes berechnet werden. 0,03% des BLP werden mit der Monatsanzahl multipliziert. Das sind wie oben meistens 12 Monate, wenn der PKW nicht unterjährig angeschafft wurde. Diese Zahl multipliziert man mit der einfachen Entfernung in Kilometer für die Strecke zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte.
Damit hat man einen pauschalen Wert für die Privatfahrten zwischen Wohnung und Betrieb berechnet.
Da nun aber auch dem Unternehmer die pauschalen 30 Cent pro Kilometer zustehen, zieht man davon den Betrag ab, den auch der Arbeitnehmer für Werbungskosten nach § 9 bekommt.
Das sind 30 Cent pro Kilometer der einfachen Entfernung, aber nur wenn er seinen eigenen PKW benutzt, sonst muss gedeckelt werden auf 4.500 €. Sollte er behindert sein, verdoppelt sich die Anzahl nach § 9 Absatz 2 EStG.
Und so weiter. Du kennst die Regeln. Wende sie an, wie du sie gelernt hast.
Was sich ergibt, ist ein Differenzbetrag.
Ist dieser positiv, muss er als Betriebseinnahme hinzugerechnet werden.
Familienheimfahrten bei doppelter Haushaltsführung
Sollte der Unternehmer einen doppelten Haushalt führen, gibt es im mittleren Teil des Satz 3 noch eine Berechnung für die Familienheimfahrten. Hier müssen 0,002% des BLP mit den Entfernungskilometer zwischen Betriebsstätte und doppeltem Haushalt multipliziert werden. Davon zieht man den Betrag ab, der sich nach den Regeln des § 9 für Familienheimfahrten ergibt. Auch dieser positive Unterschiedsbetrag stellt wieder eine Betriebseinnahme dar.
Abwandlung für Fahrtenbuch und sachgerechte Schätzung
Am Ende des Satzes 3 wird noch klar gestellt, dass bei der Anwendung der Fahrtenbuchregelung oder der sachgerechten Schätzung die Pauschalberechnung mit 0,03% oder 0,002% durch die tatsächlichen Aufwendungen für solche Fahrten ersetzt werden muss.
Zu guter Letzt verweist Satz 3 noch auf eine sinngemäße Anwendung der Regelungen für E-Autos und Hybridfahrzeuge. Das soll uns jetzt aber nicht interessieren.
Erweiterung des Beispiels
Ein Beispiel zum Abschluss für den Grundfall der 1%-Regelung:
BLP 60.000 €, Anschaffung in 2017. Die einfache Strecke zwischen Wohnung und Betrieb sind 12 km. Gefahren wird die Strecke an 180 Tagen im Jahr.
Wie hoch ist Hinzurechnung nach § 4 Absatz 5 EStG?
Berechnung nach dem Gesetzeswortlaut:
0,03% x 60.000€ (BLP) x 12 km x 12 Monate = 2.592 €
abzüglich: 12 km x 180 Tage x 0,30€ = 648 €
Hinzurechnung / Betriebseinnahme = 1.944 €
Nehmen wir nun den Wert der Privatentnahme aus dem ersten Beispiel von 8.294,40€ für die 1%-Regelung und Umsatzsteuer dazu, ergibt sich ein Betrag von 10.238,40€ den unser Unternehmer für die private Nutzung des PKWs mit versteuern muss.
Die Fahrtenbuchmethode schauen wir uns separat noch an.