Taucht man in den Strudel der Steuergestaltungswelt im Internet und YouTube ein, stößt man fast zwangsläufig auf ein Thema, zu dem jeder „Steuerexperte“ und viele Steuerberater eine Meinung haben. Es geht um die Besteuerung der 1 % – Regelung bei PKWs.
Das „Problem“ ist klar. Jeder Unternehmer, der ein Auto im Betrieb hat, wird früher oder später mit einer unangenehmen Auswirkung konfrontiert. Die Privatnutzung des PKWs muss versteuert werden. Vater Staat hat dafür eine Regel eingeführt, die 1 % pro Monat des Bruttolistenpreises als Besteuerungsgrundlage ansetzt. 1 % pro Monat macht 12 % im Jahr. Wenn das Auto als Neuwagen 100.000 Euro kostet und man deswegen 12.000 Euro mehr im Jahr versteuern muss, dann tut das weh.
Die Internet- und YouTube-Berater-Bubble schlägt dafür einige Lösungen vor, mit denen man angeblich die gesetzlichen Vorschriften umgehen kann. In diesem und im nächsten Info-Brief betrachten wir zwei der gängigen Lösungen, prüfen sie auf Herz und Nieren und werden feststellen, dass nicht alles Gold ist, was glänzt. Und zum Abschluss gebe ich dir drei einfache Alternativen, über die du vielleicht stattdessen nachdenken solltest.
Die Grundlagen der 1% – Regelung & dem Fahrtenbuch
So ganz klar ist mir bis heute nicht, warum das Auto dem deutschen Michel so wichtig ist. Vielleicht liegt es an unserer Geschichte aus Auto-Industrie-Land. Vielleicht ist es schlicht, dass das Auto eines der wenigen Statussymbole unserer Kultur ist, die man offen nach außen ausleben darf. Ich weiß es nicht.
Aber was auch immer der Grund ist – das Auto ist für viele etwas höchstpersönliches. Und wenn dann der Staat einen noch zwingt zusätzlich Steuern zu zahlen, dann fühlt sich das an wie ein Eingriff in den innersten Bereich der Privatsphäre für viele Unternehmer.
Aber warum gibt es diese Regelung denn überhaupt. Die Überlegung dahinter ist einfach. Wer als Unternehmer oder Selbstständiger ein Auto kauft, um es für seinen Betrieb zu nutzen, der darf zum einen die Kosten in voller Höhe als Betriebsausgaben ansetzen und zahlt zum anderen nur den Nettopreis, da er die Vorsteuer im Kaufpreis vom Finanzamt zurückerhält.
Für einen PKW, der den Privatmann 100.000 Euro kostet, muss der Unternehmer damit nur 58.820 Euro bezahlen. Denn er erhält die 19 % Umsatzsteuer im Kaufpreis zurück und darf den Rest als Ausgaben von der Steuer abziehen. Das ist eine massive Ungleichbehandlung, die gerechtfertigt sein muss, damit unser Grundgesetz sie zulässt.
Die Rechtfertigung dazu ist auch klar. Der PKW dient dem Betrieb und wird dafür genutzt, dass man Betriebseinnahmen und umsatzsteuerpflichtige Umsätze erzielt. Von dem liegt beim PKW keine andere Art an Ausgabe vor, wie bei einem Holzhobel, mit dem der Schreiner die Möbel bearbeitet, die er verkauft.
Was aber nun, wenn der PKW auch für private Zwecke des Unternehmers genutzt wird? Zum Beispiel holt er mit dem Auto seine Kinder von der der Kita ab oder fährt mit seiner Familie nach Italien zum Sommerurlaub. In genau diesen Fällen wäre er finanziell deutlich bessergestellt als der reine Privatmann ohne Gewerbe.
Die logische Konsequenz des Gesetzgebers war eine Regelung einzuführen, damit dieser private Nutzungsvorteil die Steuern nicht mindert.
Das ist nachvollziehbar. Aber irgendwie muss man auch wissen, wie hoch der private Vorteil ist.
Dafür gibt es zwei Varianten im Gesetz.
Die grundlegende Variante ist die Verpflichtung zum Führen eines Fahrtenbuches. Der Unternehmer muss penibel aufzeichnen, wofür er sein Auto nutzt und wie viele Kilometer er wofür fährt. Am Jahresende werden die „privaten“ und „betrieblichen“ Kilometer aufaddiert, damit man ein Verhältnis bilden kann, um die gesamten Kosten des Autos in einen privaten und einen betrieblichen Anteil zu zerlegen. Entsprechend dem privaten Anteil werden dann die Betriebsausgaben anteilig gestrichen. Unterm Strich erhält man also einen Steuernachlass nur auf die Kosten, die dem Betrieb auch wirklich dienen.
Was aber, wenn der Steuerbürger nicht jede einzelne Fahrt aufzeichnen will oder kann?
Für diesen Fall gibt es eine Pauschallösung – die 1 % – Regelung. Hier wird pauschal bestimmt, wie hoch der „private“ Anteil ist. Im Gegenzug muss man nichts aufzeichnen und auch kein Fahrtenbuch führen.
Im Gesetz gibt es dafür auch klar definierte Eckdaten. Zum einen ist die Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Neupreis des PKWs ab Werk inklusive Umsatzsteuer zum Zeitpunkt der Erstzulassung. Dieser „Bruttolistenpreis“ wird von den Autoherstellern regelmäßig in ihren Verkaufsbroschüren veröffentlicht und von diesem Preis sind für jeden Monat der Nutzung pauschal 1 % als „privat“ anzusetzen und zu versteuern.
Das Problem dabei: Es ist völlig egal, wieviel das Auto tatsächlich gekostet hat oder ob man es vielleicht sogar anmietet. Der Bruttolistenpreis wird immer herangezogen, wenn der PKW privat genutzt werden kann.
Wer ein gebrauchtes Auto mit einem Bruttolistenpreis von 60.000 Euro für beispielsweise 5.000 Euro kauft, versteuert damit unter Umständen genauso viel als „Privat“, wie das Auto an laufenden Kosten im Jahr produziert. Er spart also gar keine Steuern mehr.
Um die einzige Alternative des Fahrtenbuches zu nutzen, muss man sein Fahrtenbuch nun „ordnungsgemäß“ führen. Und die Regeln dazu sind in der Praxis leider so strikt, dass ein alter Betriebsprüfer einmal zu mir gesagt hat, dass er 9 von 10 Fahrtenbücher nicht anerkennt und stattdessen die 1 % – Regelung ansetzt.
Also kurzum: Ein Auto im Betrieb kann sehr teuer werden.
Was machen wir nun dagegen?
Mehr davon?
Dieser Blogbeitrag war einer meiner Info-Briefe, die ich regelmäßig samstags versende. Möchtest du auch Steuergestaltungsmöglichkeiten und Wege effizient Vermögen aufzubauen als Mail erhalten, dann klicke hier.
Das Gestaltungsmodell: Frisierte Vermietung aus dem Privatbereich heraus
Das Modell, das ich am meisten im Internet vorgeschlagen bekomme, versucht folgendes.
Wie wäre es, wenn nicht der Unternehmer das Auto kauft, sondern eine zweite Person. Das kann bei einem Einzelunternehmen die Ehefrau sein oder wenn man eine GmbH hat, kauft man als Privatperson, statt über die GmbH.
Im nächsten Schritt vermietet diese Person dem Unternehmen das Auto. Dabei wird aber nicht zu 100 % vermietet, sondern nur zu beispielsweise 90 %. Der Anteil, den man dabei abzieht, soll der privaten Nutzung des Autos entsprechen. Als Folge wird der PKW zu 100 % im Betrieb genutzt, was bedeutet, dass keine private Nutzung mehr vorliegt, die besteuert werden kann.
Dazu kommt, dass der PKW als Privatvermögen des Vermieters behandelt wird. Damit erzielt dieser sogenannte „sonstige Einkünfte“ aus der Vermietung. Weil eine private Einkommensart vorliegt, gibt es dort auch keine Steuerverstrickung des Wertes des PKWs. Das heißt, er kann das Auto nach einigen Jahren steuerfrei verkaufen und den Restwert in die private Tasche stecken (was im Betrieb nicht gehen würde).
Schaut man sich das Gesamtbild bei der Konstellation „GmbH und Privat“ an, sieht das Ganze so aus.
Die GmbH mietet einen PKW des Gesellschafters U. Dafür bezahlt sie eine Miete.
- Diese Miete ist steuermindernde Betriebsausgabe bei der GmbH, was einen Steuernachlass von circa 30 % ergibt.
- Auf die Miete wird Umsatzsteuer erhoben, die sich die GmbH vom Finanzamt erstatten lässt.
Die Miete inklusive Umsatzsteuer ist eine Einnahme beim Vermieter & Gesellschafter U.
- Diese muss er versteuern. Aber es dürfen die Kosten des PKWs gegen gerechnet werden. Im Standardfall sind das mindestens die Anschaffungskosten verteilt über mehrere Jahre im Rahmen der Abschreibung. Einnahmen minus diese Ausgaben ist der zu versteuernde Betrag. Bestenfalls liegt dieser bei Null Euro, wenn sich Einnahmen und Ausgaben aufwiegen.
- Die vereinnahmte Umsatzsteuer muss an das Finanzamt abgeführt werden. Auch damit ist die Umsatzsteuer neutral.
Ergebnis: Aufgrund der Ausgestaltung mit der teilweisen Vermietung, die die Privatnutzung im Privatbereich zurückbehält, fällt keine 1% Regelung an und man muss auch kein Fahrtenbuch im Betrieb führen.
Soweit die Theorie. Hier ist die Praxis.
Die oft verschwiegenen Nachteile der Gestaltung
Tatsächlich bringt das Modell eine Handvoll Tücken mit sich, die oft unter den Tisch fallen:
- Für die Vermietung braucht es einen Vertrag. Dieser Vertrag muss 100 % wasserdicht sein, denn das Finanzamt setzt für Verträge unter „nahen Angehörigen“ wie GmbH und Gesellschafter oder Eheleuten besonders strenge Maßstäbe an. Man muss also penibel darauf achten, dass der Vertrag so ausgestaltet ist, wie man ihn auch mit einem Fremden vereinbart hätte. Wenn nicht, kippt die Finanzverwaltung das Modell und setzt die 1 % – Regelung an.
- Der Vertrag muss auch tatsächlich durchgeführt werden. Geht irgendetwas schief, weil zum Beispiel unbemerkt ein Dauerauftrag platzt und für einige Monate erst nachträglich Miete bezahlt wird, kippt die Finanzverwaltung das Modell und setzt die 1 % – Regelung an.
- Damit der zurückgebliebene Privatanteil nachvollziehbar dargelegt wird, muss man zumindest für drei Monate doch ein Fahrtenbuch führen. Fehlt das, wird das Modell gekippt und das Finanzamt setzt die 1 %- Regelung an.
- Die nur teilweise Vermietung bedeutet auch, dass man die Kosten bei der Vermietung nur teilweise ansetzen darf. Damit steigt der zu versteuernde Ertrag. Damit ist also die Steuerlast doch etwas höher als gedacht.
- Für die Umsatzsteuer müssen zunächst monatlich Umsatzsteuer-Voranmeldungen abgegeben werden und jeweils eine Jahres-Umsatzsteuererklärung. Das produziert Aufwand und Kosten.
- Für den Nachweis gegenüber dem Finanzamt muss man eine zweite „kleine“ Buchführung im Privaten einrichten und die Belege sammeln. Fehlt diese, bezahlt man womöglich Steuern, die man nicht hätte bezahlen müssen.
- Die Konstruktion ist im dunkelgrauen Bereich der Gestaltungsmodelle und es gibt nur sehr wenig Bundesfinanzhofs-Rechtsprechung dazu. Das Finanzamt wird also mit 95-prozentiger Sicherheit das Modell bei der nächsten Betriebsprüfung kritisch unter die Lupe nehmen.
Wow. Was heißt das jetzt?
Nun, dir muss bewusst sein, dass mit so einem Modell zwar Steuern gespart werden können. Auf der anderen Seite der Waage liegen aber auch einige gewichtige Punkte:
- Mehrkosten beim Steuerberater für zusätzliche Beratung und Steuererklärungen,
- ein erhöhter Verwaltungsaufwand zur Umsetzung,
- eine hohe Wahrscheinlichkeit für Streit mit dem Finanzamt und
- ein nicht zu unterschätzendes Risiko einer Steuernachzahlung, die im schlimmsten Fall auch verzinst werden muss.
Damit möchte ich nicht sagen, dass man das Ganze nicht probieren soll.
Aber ich finde man sollte bewusst das Risiko eingehen und vorher alle Vor- und Nachteile abwägen.
Denn am Ende des Tages stellt sich die Frage: Sind ein paar Hundert oder Tausend Euro mehr an bereinigter Ersparnis diesen ganzen zusätzlichen Stress wert oder konzentriert man sich nicht lieber aufs Geld verdienen? Schließlich ist das Leben doch schon kompliziert genug.
Ich hoffe das hat dir etwas Klarheit geschaffen.
Im nächsten Beitrag schauen wir uns eine zweite Möglichkeit genauer an, um die 1 % – Regelung herumzukommen und ich gebe dir ein paar Alternativen, die wirklich funktionieren.
Bis dahin.
Eine gute Zeit wünsche ich dir.
Eric Preusche