Der Sportschuh-Hersteller Nike hat eine astronomische Wachstumsgeschichte hingelegt. Als Idee im Jahr 1962 auf einer Japan-Reise geboren und in 1964 vom Amerikaner Phil Knight mit einem Privatkredit von dessen Vater über 1.000 Dollar gegründet, wuchs das Unternehmen rapide, bis es1980 an die Börse gebracht wurde. Heute ist Nike immer noch einer der führenden Sportartikelhersteller weltweit.
Philip Knight, der Mann, der das alles möglich gemacht hat, wurde damit zum Multimilliardär.
Was nun viele nicht wissen: Phil Knight war Buchhalter. Bevor er Nike gegründet hat, hatte er als „Certified Public Accountant“ gearbeitet-was so ungefähr das amerikanische Äquivalent desdeutschen Steuerberaters bzw. Wirtschaftsprüfers ist.
Und wenn man seine Biografie liest, fällt einem immer wieder auf, dass er genau diese Fähigkeiten wie ein Buchhalter zu denken maßgeblich zum Erfolg von Nike beigetragen haben(und Nike damit auch mehrmals fast in die Insolvenz gestürzt wurde).
Schauen wir uns einmal an, was wir von ihm lernen können. Vielleicht bringt es uns als Unternehmer weiter.
Using the float
Bevor Nike wirklich zu Nike wurde, hieß das Unternehmen „Blue Ribbon Sports“ und betrieb ein klassisches Import-bzw. White-Labeling-Geschäft. Die ersten Jahre wurden sämtliche Schuhe von Zulieferern in Japan produziert und in die USA importiert. Blue Ribbon kümmerte sich praktisch nur um das Marketing und den Vertrieb.
Um das Umsatzvolumen innerhalb weniger Jahre enorm zu steigern, nutzte Knight dafür eine sehr riskante Art der Finanzierung seines Warenbestandes–eine Kombination aus Bankkredit und „Lieferantenkrediten“ . Zwischen der Lieferung der Ware und der Zahlungsfrist an den Hersteller lagen einige Wochen Zeit. Die Bank hatte ihm zu dem durch hartnäckige Verhandlungen einen immer höheren Kreditrahmen eingeräumt.
Praktisch verkaufte er seine Schuhe schon bevor Sie überhaupt geliefert wurde, sammelte das Geld bei den Kunden so schnell wie möglich ein und bezahlte seine Hauptlieferanten zum spätestmöglichen Zeitpunkt, hielt die Bank ruhig und bestellte gleich wieder neue Schuhe. Dieses Spiel trieb er immer reihum, wobei der Kreditrahmen, die Bestellungen und Schulden von Mal zu Mal größer wurden. Ohne eigenes Geld auf der Bank zu haben, nutze er die(An-)Zahlungen der Kunden zur Vorfinanzierung und zur Bezahlung seiner Gläubiger, gegenüber denen er fast ständig im Verzug war.
Das Ganze nannte er den „float“ nutzen–also die Flut an Geld, die mit der Bezahlung der Verkäufe eingeht, bevor das Geld wieder abebbt, weil es an die Lieferanten bezahlt wurde. Verzögerungen von Zahlungsabwicklungen in den 70ern verschärften diesen „Float-Vorteil“ Float (Zahlungsverkehr) – Wikipedia nun noch zusätzlich. Denn auch wenn er an seine Gläubiger Schecks zur Bezahlung bereits ausgestellt hatte, wurde diese seinem Bankkonto erst bei der tatsächlichen Einlösung belastet. Im Kern bestanden 100 % seiner Finanzierung in einem aggressiven Cash-Management und dem Ausnutzen aller Fristen.
Auf dieser Welle baute er das Wachstum in den ersten Jahrzehnten auf.
Auch wenn dieses Vorgehen psychisch wahnsinnig belastend und praktisch hochgradig risikobehaftet sein musste, ist es buchhalterisch gesehen sehr interessant.
Anzahlungen von Kunden werden nämlich als Verbindlichkeiten gesehen, die sich erst auf den Gewinn auswirken, wenn die Ware geliefert ist. Schulden an Lieferanten werden maximal ausgereizt, während man nur auf den tatsächlichen Cashflow achtet. Zum Teil hat sich Phil Knight damit steuer-und zinsfrei sein Wachstum über die Gelder seiner Kunden und Lieferanten finanziert.
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Hebeln für rapides Wachstum
Nike machte jahrelang keine Gewinne. Stattdessen zollte die absurd hohe Verschuldung oft seinen Tribut. Immer wieder stand das Unternehmen am Rande der Zahlungsunfähigkeit und Nike überlebte hingegen nur, weil seine Umsätze ständig wuchsen und frisches Geld hereinkam, um alte Schulden zu bezahlen-während neue und noch höhere Schulden aufgenommen wurden.
Gleichzeitig steckten sogar die eigenen Mitarbeiter in den Anfangsjahren zurück und lösten ihre Gehaltsschecks nicht ein, um die Existenz des Unternehmens nicht zu gefährden. Knight musste also ein unglaublich ergebenes und loyales Team aufgebaut haben.
Diese aggressive Nutzung von Krediten in Verbindung mit großartiger Menschenführung und Aufopferungsgabe der Mitarbeiter machte es wahrscheinlich erst möglich in der Lebenszeit eines Mannes ein Unternehmen von Null aufzubauen, das heute über 79.000 Mitarbeiter beschäftigt und mittlerweile auch profitabel ist.
Die Hebel Fremdkapital und Arbeitnehmer beflügelten dabei das Wachstum. Steuern waren dabei (fast) nie ein Problem, schließlich machte das Unternehmen keinen Gewinn. Das wirkliche Problembestand stattdessen genügend Geld auf den Konten zu haben, um nicht in die Insolvenz zu rutschen.
Eigenkapitalzuwachs über Gewinn
Erst als ein besonderes Ereignisanstand, entspannte sich die Situation von Nike wirklich: der Börsengang in 1980.
Bis dahin war Nike getrieben von seinen Gläubigern. Mit der Ausgabe von Aktien geschah aber etwas Magisches–zumindest buchhalterisch gesehen.
Der aufgebaute Wert des Unternehmens wurde handelbar. Über die Ausgabe von Aktien wurde er zu einem Wert, den man gegen Geld tauschen kann.
Und um dabei nicht die Kontrolle über das Unternehmen zu verlieren, wurde A-und B-Aktien auf den Markt gebracht.
Die einen hatten ein Stimm-sowie ein Gewinnbezugsrecht und waren für den inneren Kreis der Gründer, leitenden Manager und investierten Geschäftspartner gedacht. Die anderen hatten nur ein Gewinnbezugsrecht und konnten freigehandelt werden. Damit löste sich das Liquiditätsproblem mit einem Mal auf. Denn Nike konnte Unmengen an Geld über „Eigenkapital“ in Aktien einsammeln seine Schulden begleichen und sein weiteres Wachstum aus eigenen Mitteln finanzieren.
Phil Knight wurde aus der Sicht eines außenstehenden Laien auf einen Schlagenorm reich.
Tatsächlich kam diese Entwicklung aber nicht über Nacht. Jahrzehntelang hatte der Gründer ohne einen wirklichen „laufenden“ Gewinn zu machen einen Unternehmenswertgeschaffen. Mit jedem Euro mehr an Umsatz, stieg dieser Unternehmenswert um ein Vielfaches an. Mit dem Börsengang wurde nur über den Aktienkurs sichtbar, was vorher schon da war.
Die Unternehmensbeteiligung wurde damit ein beleihbarer und in kleinen Stücken handelbarer Geldwert. Und das Schönste dabei: Phil Knight musste diesen Wert nicht einmal versteuern, solange er seine Aktien nicht verkaufte. Denn erst dann hat er den Wert tatsächlich realisiert und daraufstellen die Steuergesetze ab.
Genau diesen Wert, den jedes unserer Unternehmen, die wir aufbauen, hat, vergessen wir als Unternehmer oft.
In den meisten Fällen ist es aber das wertvollste Assets, das wir haben–Zumindest, wenn wir bewusst ein Unternehmen bauen, das irgendwann alleine funktioniert.
Sollte jetzt jeder den Weg von Phil Knight gehen?
Auf keinen Fall.
Diese Art von Unternehmensaufbau führt in 99 % der Fälle ins absolute Desaster, denn eine so enorm hohe Fremdverschuldung läuft sehr leicht aus der Hand.
Zu dem bereut Phil Knight bis heute, dass er sich jahrzehntelang nicht wirklich um seine Frau und Söhne gekümmert hat. So weit, dass sein eigener Sohn als Kind schon lauthals verkündet hat niemals Nike Schuhe tragen zu wollen. Sein zweiter Sohn kam mit 34 Jahren bei einem Tauchunfall ums Leben und sein Vaterbereut, dass er die wenigen Jahre, die sein Sohn hatte, nicht mit ihm verbracht hat.
Ich finde, statt nur exzessiv zur Arbeit zu tendieren, sollten wir ein Leben leben, dass uns Erfüllung im Beruf gibt und uns mit Freude und Zeit mit Freunden und der Familie erfüllt. Das eine muss das andere nicht ausschließen.
Was wir aber von so großartigen Unternehmern wie Phil Knight lernen können, ist zum einen, dass ein cleveres Cashmanagement den Unternehmensaufbau durch aus voranbringen kann. Und an seinem Beispiel sehen wir, dass Erfolg von beherztem Anpacken, Fleiß und dem Schaffen von funktionierenden Strukturen kommt, die von motivierten Mitarbeitern bedient werden. Wenn das alles funktioniert, entsteht über die Jahre aus dem Nichts heraus ein eigener Wert, der uns Wohlstand und Freiheit bringen kann.
Ein schönes Wochenende wünsche ich dir.
Viele Grüße
Eric Preusche